Bildungsgipfel heute in der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt

Suche nach Lösungen für den Lehrermangel

Bildungsgipfel heute in der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt. Das Land braucht dringend mehr Lehrer, der Unterrichtsausfall nimmt an vielen Schulen dramatische Ausmaße an. Politiker, Lehrervertreter, Gewerkschafter, Wirtschaftslenker, Hochschulprofessorensitzen heute gemeinsam an einem Tisch und lassen die Köpfe rauchen. Frage an unseren Redakteur Torsten Rößler – was ist denn von so einem Gipfeltreffen zu erwarten?

Eigentlich wäre es ein Wunder, wenn da heute jemand die geniale Lösung auf den Tisch legt. Sachsen-Anhalt hat ja schon alle möglichen Sonderprogramme aufgelegt, Stipendien für Lehramtsstudenten und Seiteneinsteiger, mehr Studienplätze, Lehrer werden verbeamtet. Problem dabei: alle anderen Bundesländer suchen ebenfalls Lehrer, ein regelrechter Wettbewerb hat eingesetzt. Auch zwischen den verschiedenen Branchen. Fachkräfte sind überall rar, nicht nur im Bildungswesen. Ich glaube, es wird auf eine noch bessere Bezahlung hinauslaufen. Geld ist immer noch das beste Argument.

Was das Land bislang schon unternommen hat:

Ausgangslage:In Sachsen-Anhalt sind rechnerisch nur rund 93,5 Prozent des Unterrichts abgesichert. Die Zahl stammt aus der letzten Erhebung, deren Daten das Bildungsministerium am 1. Dezember 2022 veröffentlicht hat. Die Unterrichtsversorgung variiert nach Schulform. An den Grundschulen lag sie bei 95 Prozent, an den Gymnasien bei knapp 98 Prozent, an den Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen bei nur 88 Prozent. Rund 14 000 Lehrkräfte gibt es an den allgemeinbildenden Schulen, davon arbeiten etwa 2500 in Teilzeit, wie es weiter aus dem Ministerium hieß. Für eine vollständige Unterrichtsversorgung fehlte zum Stichtag Anfang Oktober das Volumen von 846,6 Vollzeitlehrkräften.

Ausbildung:Die Zahl der Studienplätze für angehende Lehrerinnen und Lehrer sind erhöht worden. Inzwischen gibt es 1000 Erstsemesterstudienplätze in Halle und 200 in Magdeburg. Im vergangenen Jahr konnten sie nicht vollständig besetzt werden. Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) sieht daher in einer weiteren Erhöhung der Kapazitäten kein Mittel, dem Lehrermangel zu begegnen. Zum Vergleich: In Sachsen-Anhalt haben im vergangenenJahr 4868 Schülerinnen und Schüler ihr Abitur bestanden. Wollte man alle Lehramtsstudienplätze mit Landeskindern besetzen, müsste jeder vierte Abiturient Lehrer werden wollen.

Ausschreibungen:Sachsen-Anhalt umwirbt Lehrkräfte mit der «Weltenretter»-Kampagne - wer vor der Klasse stehe, könne jeden Tag ein Stück der Welt retten. Wer als Lehrer in Sachsen-Anhalt arbeiten will, kann sich das ganze Jahr über bewerben. Zudem gibt es regelmäßig große Ausschreibungsrunden für alle Schulformen. Allerdings bleiben viele Stellen ohne Interessenten. Im Herbst etwa hatten sich 220 Bewerber für 944 Stellen an allgemeinbildenden Schulen gemeldet. Bei schwer zu besetzenden Stellen zahlt Sachsen-Anhalt Zulagen, aber auch das hilft vielfach nicht. Inzwischen setzt das Land auch Headhunter ein, um nach Lehrkräften zu suchen, ob im In- oder Ausland.

Seiteneinsteiger:Vor den Klassen stehen längst nicht nur voll ausgebildete Lehrkräfte, sondern immer mehr Menschen, die ursprünglich nicht Lehrer werden wollten und einen anderen Bildungsweg gegangen sind. Die genaue aktuelle Zahl hatte das Bildungsministerium zuletzt nicht parat. Im Jahr 2021 war rund ein Drittel der neu eingestellten Lehrkräfte Seiteneinsteiger. Zu Beginn dieses Schuljahres hatten rund 160 Seiteneinsteiger einen vierwöchigen Einführungskurs absolviert.

Unterstützung:Lehrer und Seiteneinsteiger lassen sich nicht herbeizaubern, aber andere Kräfte können ihnen Arbeit abnehmen. Deshalb setzt Sachsen-Anhalt etwa auf pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deren aktuelle Zahl lag Anfang vergangener Woche bei 1816, wie das Bildungsministerium mitteilte. Zudem gebe es aktuell 35 Schulverwaltungsassistenten, die Schulleitungen unter anderem bei der Organisation von Unterricht und Veranstaltungen unterstützen. Weitere Stellen sollen besetzt werden, so dass es laut Ministerium bis zu 108 werden können.

Neu sind Digitalassistenten und -assistentinnen, die jeweils für eine Region tätig sind und auf Abruf in die Schulen kommen und unterstützen. Die ersten sieben haben zum Jahresbeginn 2023 ihre Arbeit aufgenommen. Weitere sollen folgen. Bis zu 1000 Einstellungen sind laut Ministerium möglich.

Überstunden: Wer Überstunden macht, kann sie sich auszahlen lassen. 2022 haben das laut Ministerium rund 3300 Lehrkräfte genutzt. Sie häuften Mehrzeiten von etwa 150 000 Unterrichtsstunden an. Das entspricht den Angaben zufolge 150 Vollzeitstellen. Das Land zahlte für die Überstunden insgesamt rund 6,75 Millionen Euro. Die Summe ist laut Ministerium von Jahr zu Jahr gestiegen:zum Start 2019 wurden demnach noch 4 Millionen Euro ausgezahlt, 2020 etwa 4,9 Millionen Euro. Zur Möglichkeit der Auszahlung von Überstunden kommt nun ein freiwilliges Arbeitszeitkonto, auf dem langfristig Überstunden angespart werden können. Sie können später im Block als Sabbatjahr genommen oder für einen früheren Eintritt in den Ruhestand genutzt werden.

Länger arbeiten:Gestandene Lehrerinnen und Lehrer versucht Sachsen-Anhalt zu halten und zum späteren Ruhestand zu motivieren. 2022 seien 19 Lehrkräfte gewonnen worden, ihre Lebensarbeitszeit zu verlängern, erklärte das Bildungsministerium. Insgesamt seien so 62 Lehrkräfte nach einer Verlängerung ihrer Lebensarbeitszeit im Schuldienst tätig gewesen. Zudem seien im vergangenen 90 Lehrkräfte nach ihrem Eintritt in den Ruhestand als Vertretungslehrkräfte beschäftigt worden, zusammen seien es 161 gewesen.

Wie geht es weiter?Für diesen Donnerstag hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zum Bildungspolitischen Dialog in die Staatskanzlei eingeladen. Dabei sollen weitere Möglichkeiten ausgelotet werden, wie das Land den Unterricht an den Schulen sicherstellen kann. Dabei sind Kabinettsmitglieder, Eltern- und Lehrervertreter, Vertreter der Kammern, der Kommunen, aus Politik und Wissenschaft sowie Gewerkschaften und Verbänden, wie es vorab hieß.

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