Im Landkreis Wittenberg ist Sachsen-Anhalt einen nächsten Schritt in Richtung Digitalisierung gegangen. Wer bauen will, kann seinen Bauantrag dort in Zukunft online einreichen. «Ziel ist, dass das Amt von zu Hause aus erreichbar ist», sagte Infrastrukturministerin Lydia Hüskens am Mittwoch in Wittenberg. Deutschland habe den Digitalisierungsprozess in der Vergangenheit «so ein bisschen verschlafen», so die FDP-Politikerin. Das solle sich ändern.
Der Landkreis führt als erster den digitalen Bauantrag ein. Für den Kreis sei es das größte und umfangreichste Projekt jemals, sagte Landrat Christian Tylsch. «Mit dem digitalen Antrag soll sich die Bearbeitungszeit von etwa 115 auf 80 Kalendertage verkürzen», so der CDU-Politiker. Was beim Landratsamt digital ankomme, werde dann auch digital weiterbearbeitet. Den Landkreis erreichten im vergangenen Jahr rund 600 Bauanträge. Durch die Digitalisierung soll sich nun auch die Qualität der Anträge verbessern. Vorerst können die Anträge auch noch in Papierform eingereicht werden.
Bereits seit November vergangenen Jahres hätten erste Antragsteller ihre Bauanträge in einem Testbetrieb digital gestellt, teilte ein Sprecher des Infrastrukturministeriums mit. Jetzt soll das Verfahren nach und nach weiter freigeschaltet werden. Komplexere Anträge seien derzeit noch nicht auf digitalem Weg möglich, sagte Tylsch. Der Beschluss für das Projekt wurde vom Kreistag den Angaben des Landkreises zufolge bereits vor dreieinhalb Jahren gefasst.
Im gesamten Land hätten sich inzwischen alle Landkreise und kreisfreien Städte dazu bereit erklärt, den digitalen Bauantrag in Sachsen-Anhalt zu nutzen, sagte ein Ministeriumssprecher. Nach Angaben von Hüskens sollen nach der Freischaltung in Wittenberg auch die anderen Landkreise Sachsen-Anhalts folgen. Bis wann sei derzeit noch unklar. Laut Ministerium liegt es jetzt an jeder Bauaufsichtsbehörde zu entscheiden, wann entsprechende Testbetriebe durchgeführt werden und der Service für alle freigeschaltet wird.
Vor etwa neun Monaten hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) das neue System zur digitalen Antragstellung öffentlich vorgestellt. Die Plattform dafür war vom Land Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung gestellt worden. Neun andere Bundesländer hatten sich dazu entschlossen, das System ebenfalls zu nutzen. Das Onlinezugangsgesetz der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 sah eigentlich vor, dass bundesweit bis Ende 2022 zahlreiche Verwaltungsvorgänge digital erledigt werden können, darunter auch Bauanträge. Weil dies nicht einmal ansatzweise umgesetzt wurde, hat die aktuelle Bundesregierung ein neues Gesetz eingebracht, das die Digitalisierung von Behördengängen bis 2028 umsetzen will.