Der Winter hat das SAW-Land fest umklammert. Längst sind nicht alle Straßen frei, der Bus- und Bahnverkehr ist alles andere als regelmäßig unterwegs. Auf Arbeit zu kommen ist schwierig bis unmöglich. Welche rechtlichen Konsequenzen hat der Flockdown?
Unsere Fragen dazu beantwortet Rechtsanwalt Dr. Hermann Gloistein aus Halle
Frage: Darf ich bei solchen unbeherrschbaren Witterungsverhältnissen einfach zu Hause bleiben?
Nein, das kann ich grundsätzlich nicht. Als Arbeitnehmer bin ich verpflichtet, zur Arbeit zu kommen. Die Verpflichtungen aus meinem Arbeitsverhältnis werden durch schlechte Wetterlagen nicht suspendiert. Wenn also, wie gerade, der "Flockdown" kommt, muss ich trotzdem zur Arbeit kommen, aber nur, soweit mir das tatsächlich möglich ist.
Frage: Was bedeutet Arbeitsweg „unmöglich“- unter welchen Umständen gilt das?
Das hängt von den Bedingungen des Einzelfalles ab. Ich kann annehmen, dass dann, wenn ich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen bin, und diese schlicht nicht fahren, und ich den Arbeitsplatz auch nicht fußläufig erreichen kann, von einer überschaubaren Zeit von z.B. 1 Stunde, dann darf ich annehmen, dass das Erreichen des Arbeitsortes unzumutbar ist. Dann bin ich entschuldigt, wenn ich nicht zur Arbeit komme. Aber Achtung! Wenn sich das Wetter verbessert, wenn sich die Bedingungen verbessern, muss ich so schnell wie möglich dann doch noch wieder in den Betrieb fahren.
Welche Pflichten habe ich als Arbeitnehmer, wenn ich merke, ich schaffe es nicht zur Arbeitsstelle?
Wenn ich merke, dass ich nicht zur Arbeit kommen kann, muss ich mich schnellstmöglich im Betrieb melden. Ich muss meinem Arbeitgeber mitteilen, dass ich am heutigen Tag später komme oder möglicherweise gar nicht kommen kann. Es ist nicht ausreichend, einfach zu Hause zu bleiben und dann am nächsten oder übernächsten Tag zu erscheinen. Wenn sich ein Arbeitnehmer nicht sofort, d.h. so schnell es ihm möglich ist, nbeim Arbeitgeber meldet, stellt dieses eine eigenständige Pflichtverletzung dar, das kann zu einer Abmehnung und im schlimmsten Fall zu einer Kündigung führen.
Frage: Hab ich trotzdem Anspruch auf Bezahlung, wenn nicht zur Arbeit kommen kann?
In solchen Fällen gilt, dass Arbeitnehmer ihren Vergütungsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber verlieren. Es gilt nämlich der Grundsatz: Ohne Arbeit, kein Lohn. Wer also, obwohl er es muss, nicht zur Arbeit kommt, verliert seinen Vergütungsanspruch, dafür gibt es auch keine Entgeltersatzleistung. Allerdings wird in vielen Betrieben dann die Möglichkeit eingeräumt, das irgendwie nachzuarbeiten oder mit Überstunden zu verechnen.
Frage: Wenn ich wegen des Winterwetters nicht zur Arbeit kann, wäre das ein Grund für eine Abmahnung oder Kündigung?
Wenn der Arbeitsweg unzumutbar ist oder ich schlicht keine Möglichkeit habe, den Betrieb irgendwie zu erreichen, dann begehe ich keine Pflichtverletzung, welche aber Voraussetzung für eine Abmahnung oder Kündigung wäre. D.h. wenn ich den Betrieb nicht erreichen kann, kann ich weder abgemahnt noch gekündigt werden.
Frage: Und was ist, wenn meine Firma wegen des Wetters den Betrieb einstellt, werde ich dann bezahlt freigestellt?
Ja. Wenn der Betrieb nicht produziert, wenn der Betrieb nicht öffnet oder wenn der Betrieb seine Tätigkeit einstellen muss und ich nicht beschäftigt werden kann, berührt das die Frage meines Vergütungsanspruches nicht. Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko. Er hat das Risiko, den Betrieb womöglich nicht aufrecht erhalten zu können. Er muss die Vergütung weiterbezahlen. Jetzt muss man wissen, dass in vielen Gewerben, in denen das Risiko groß ist, wie zum Beispiel im Bauhauptgewerbe oder Baunebengewerbe, wir dort Tarifverträge finden, die für die Arbeitgeber Erleichterungen vorsehen.