"Angst ist der schlimmste Feind, nicht das Virus."

Als einziges Kompetenz- und Behandlungszentren in Mitteldeutschland ist das Klinikum St. Georg für die Beratung, ggf. für die Koordination und Steuerung geeigneter Maßnahmen im Falle des Verdachts einer gefährlichen Infektion zuständig. Die Sonderisolierstation bietet für die Behandlung von Patienten mit hoch ansteckenden Krankheiten neben der fachlich-medizinischen und pflegerischen Expertise auch die geeigneten räumlichen und technischen Voraussetzungen.

Im Rahmen ihres Antrittsbesuches als neue sächsische Gesundheitsministerin hat Petra Köpping am Donnerstagnachmittag die Sonderisolierstation des Klinikums besichtigt und unter anderem mit ProfessorDr. Christoph Lübbert, Chefarzt der Klinik für Infektiologie/Tropenmedizin zum Srtand der Vorbereitung im Fall eines Corona-Falls in Leipzig und Umgebung gesprochen.

Am Rand des Termin konnten wir Professor Lübbert ein paar Fragen zum aktuellen Thema stellen.

Herr Professor, wie schätzen Sie in Sachen Corona die aktuelle Lage in Deutschland ein?

Ich glaube, dass wir das relativ gut noch unter Kontrolle haben. Die nächsten Tage werden zeigen, ob wir die Lage vor allem in Nordrhein-Westphalen wieder in den Griff bekommen, oder ob es uns doch noch entgleitet.

Sind wir hier in Mitteldeutschland auf eine ähnliche Ausbreitung wie in Nordrhein-Westphalen gut vorbereitet?

Wenn sie Sachsen Anhalt sehen, wo ich privat auch wohne, war der Stand noch Null, in Sachsen gab es bislang einen Corona-Fall. Und insofern ist es hier zumindest in den mitteldeutschen Ländernim Moment wirklich kein Problem. Nichtsdestotrotz sind wir natürlich gut vorbereitet, gerade in so einem System der Isolier- und Infektionsstation, was wir ja hier haben. Natürlich haben wir darüber hinaus unsereProzesseund Abläufe geschäftund haben und natürlich auch unsere Personalstrukturen angeschaut. Das alles vor dem Hintergrund, dass wir, wenn eine echte Welle käme, das auch schaffen.

Sie erwarten keine "schwere" Corona-Welle. Was macht Sie so sicher?

Ich bin deshalb so sicher, weil wir ja hier in Leipzig an zwei Institutionenweit über tausend Menschen bereits getestet haben. Die standen nicht mal zwingend unter Corona-Verdacht, wollten den Test aber trotzdem.Bislang verlief jeder dieser Tests negativ. Und dann haben wir in ganz Deutschland sogenannte Sentinel-Praxen, also Wächter-Praxen für die Influenza-Überwachung. Dort wirdauch auf alle anderen möglichen Viren, die die Atemwege betreffen können, getestet. Und dort wird seit Ende Februar auch auf das neue Corona Virus mitgetestet. Und bislang war das ganz überwiegend- bis auf einen einzigen Fall meines Wissens -auch negativ. Das heißt also, es liegt ein Netz über Deutschland, und dieses Netz ist vernünftig gestrickt. Und es ermöglicht uns die Aussage, dass es außerhalb weniger Ausbruchsherde bislang kein flächendeckendes Problem gibt. Und wenn das Virus in der Fläche nicht da ist, ist es auch bisher sehr unwahrscheinlich, sich anzustecken. Und darum bin ich so ruhig.

Wir sind gut vorbereitet auf den Ernstfall, heißt es immer, und in Arztpraxen und Kliniken fehlt es an Desinfektionsmitteln und Atemschutzmasken. Wie passt das zusammen?

Alle deutschen Kliniken haben damit zu kämpfen, dass plötzlich Desinfektionsmittel, Atemschutzmasken oder auch FFP Masken, also die speziellen Feinpartikel-Masken, spurlos verschwinden. Die Mitarbeiter nehmen die Sachen aus Angst mit nach Hause. Das wird inzwischen auch sanktioniert, manchmal bishin zur Entlassung, weil die Krankenhäuser dieAusrüstung natürlich brauchen. Zu wenige Masken und eine zu geringe Zahl an Schutzausrüstung ist der atuelle Stand. Um das zu ändern schließen die Einrichtungen die Sachen jetzt weg bzw. sind dabei, sich neues Material zu besorgen.Wenn wir keine schlimme Corona-Wellt bekommen, werden wir das hinbekommen.

Die Klinken besorgensich neue Schatzausrüstung - ist aber nicht immer von Lieferengpässen die Rede?

Meines Wissens ist ab der Kalenderwoche 11 oder 12 wieder mit Lieferungen zu rechnen. Wichtig ist ja, dass China wieder produziert, weil diese Produkte kommen überwiegend aus China. Und weil dort nicht mehr produziert wurde,hat das natürlich auch zu diesen Verzögerungen und Ausfällen geführt.

Was raten Sie Menschen, die verunsichert sind ?

Ruhe bewahren, Angst ist der schlimmste Feind nicht das Virus.Die die Angst haben, können sich telefonisch beraten lassen.Eine Bitte: Die Menschensolltendie Ressourcen des Gesundheitswesens nicht überstrapazieren. Geradeim Winter arbeiten die Kolleginnen und Kollegen ohnehin am Limit.

Und wenn ich begründete Angst habe, mich angesteckt zu haben?

Wenn man in einem der Länder war, wo jetzt ausbruchsartig Infektionen aufgetreten sind - also in den betroffenen Regionen Norditaliens zum Beispiel - dann unbedingt auch telefonisch Beratung suchen. Über den Hausarzt, über das zuständige Gesundheitsamt oder über eine Hotline. Im Ernstfall kommt der Rat, sich testen zu lassen. Manchmal auch mit Einweisungsschein ins Krankenhaus. Der Test ist wichtig, vor allen Dingen um andere Erkrankungen wie eine Influenza auszuschließen.
Professor Christoph Lübbert (ganz links) zeigt Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping die Sonderisolierstation am Klinikum Sankt Georg
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