Kanzlerin AngelaMerkel(CDU) hat heute Vormittag bei den Bürgerinnen und Bürgern erneut um Verständnis für die Einschränkungen in der Corona-Pandemie geworben. Nichts sei ihr bisher schwerer gefallen als die Beschränkung freiheitlicher Grundrechte, sagteMerkelam Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung. Ganz besonders belaste sie, wie die Menschen in Pflege- oder Altenheimen in dieser Krise weitgehend isoliert leben müssten, wo Einsamkeit ohnehin ständig zugegen sei. Es sei «grausam», wenn außer der engagierten Pflegekraft niemand da sein könne. «Vergessen wir nie diese Menschen.» Gerade die 80- bis 90-Jährigen hätten den Wohlstand des Landes begründet und aufgebaut.
Sie sei weiterhin überzeugt, dass diese harten Einschränkungen dennoch notwendig seien. «Durch die Strenge mit uns selbst (...) haben wir die Ausbreitung des Virus verlangsamt», sagteMerkel. Zugleich hob sie hervor: «Unser Gesundheitssystem hält der Bewährungsprobe bisher stand.» Bund und Länder haben beschlossen die rund 400 Gesundheitsämter in Deutschland mit zusätzlichem Personalzu verstärken. Das kündigte Merkel in einer Regierungserklärung vorhin an. Zusätzlich ist geplant, daß 150 mobile Teams vom Robert-Koch-Institut die Kontakte von Corona-Infizierten rückverfolgen.
Merkelhat das Vorgehen einzelner Bundesländer bei der Öffnung der Beschränkungen in der Corona-Krise scharf kritisiert. Die Umsetzung der Beschlüsse von Bund und Ländern aus der vergangenen Woche wirke auf sie «in Teilen sehr forsch, um nicht zu sagen zu forsch», sagteMerkelam Donnerstag in ihrer ersten Regierungserklärung zur Corona-Krise im Bundestag. Welche Länder sie meinte, sagteMerkelnicht.
AngelaMerkelhat der Weltgesundheitsorganisation volle Unterstützung zugesagt. «Die WHO ist ein unverzichtbarer Partner, und wir unterstützen sie in ihrem Mandat», sagte sie am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung im Bundestag. US-Präsident Donald Trump hatte das Agieren der WHO in der Corona-Krise scharf kritisiert und die Streichung der finanziellen Mittel angekündigt. Dafür ist er internationale scharf kritisiert worden.
Kurz vor dem EU-Gipfel hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut gegen die Aufnahme von Gemeinschaftsschulden mit gemeinsamer Haftung zur Bewältigung der Corona-Krise ausgesprochen. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag argumentierte sie am Donnerstag mit dem Zeitfaktor. Für einen solchen Schritt müssten alle Parlamente der Mitgliedstaaten entscheiden, dass ein Teil der Budgethoheit an die EU übertragen werde. «Das wäre ein zeitraubender und schwieriger Prozess und keiner, der in der aktuellen Lage direkt helfen könnte», sagte die CDU-Politikerin. «Es geht jetzt darum, schnell zu helfen und schnell Instrumente in der Hand zu haben, die die Folgen der Krise lindern können.» Die EU-Staaten streiten seit Wochen erbittert über sogenannte Corona-Bonds oder andere Anleihe-Formen. Länder wie Frankreich, Italien und Spanien - die zugleich besonders hart von der Pandemie getroffen wurden - fordern gemeinsame Schulden für den Wiederaufbau. Deutschland, die Niederlande und andere Staaten lehnen eine gemeinsame Haftung jedoch vehement ab. Die EU-Kommission hat bereits ein Modell erarbeitet, das auf eine Begrenzung der gemeinsamen Haftung abzielt. Kommissionschefin Ursula von der Leyen will den Plan am Donnerstag beim EU-Gipfel vorstellen. Auf dieser Grundlage könnten die Staats- und Regierungschefs weitere Kompromisslinien ausloten und von der Leyen damit beauftragen, weiter an dem Plan zu arbeiten.