Ärztemangel in Gesundheitsämtern

32 von 88 Stellen unbesetzt

Die Gesundheitsämter stehen angesichts der neuen Masern-Impfpflicht und dem neuartigen Coronavirus vor enormen Aufgaben - dabei fehlen ihnen die nötigen Ärzte. «Bei den 14 Gesundheitsämtern des Landes stehen insgesamt 88 Arztstellen zur Verfügung, wovon 32 unbesetzt sind», teilte das Landesverwaltungsamt in Halle auf Nachfrage mit. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Eike Hennig, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Schon das Masernschutzgesetz bringt uns mit Sicherheit an die Grenzen im Land Sachsen-Anhalt.»

Die Gesundheitsämter müssen seit dem 1. März alle gemeldeten Fälle nicht altersgemäß geimpfter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener seit dem Jahrgang 1970 verfolgen. Hinzu kommen alle Entwicklungen um das neuartige Coronavirus. Die Gesundheitsämter entscheiden etwa über Quarantäne, den Umgang mit Großveranstaltungen und eventuelle Schließungen von Kitas und Schulen.

Schon Ende Januar hatte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gewarnt:«In der Realität sind viele Gesundheitsämter aufgrund von Personalmangel - insbesondere Ärztemangel - und unzureichender Ausstattung kaum mehr in der Lage, ihren (hoheitlichen) Aufgaben nachzukommen.» Dazu zählten neben den Aktivitäten im Infektionsschutz die Unterbringung von psychisch Kranken und die Sicherstellung der Überwachung des Trinkwassers. «Alarmmeldungen aus den einzelnen Bundesländern werden immer häufiger: Erste Gesundheitsämter müssen ganz ohne ärztliches Personal auskommen», hatte der Bundesverband mitgeteilt.

Auch Landesverbandschef Hennig, der das Magdeburger Gesundheitsamt leitet, weist seit Jahren auf das Problem fehlender Mediziner in den Ämtern in Sachsen-Anhalt hin. Er sieht, dass sich die Lage verschärft:Zum einen liege das Durchschnittsalter der Amtsärzte im Land bei 60 Jahren, in den kommenden vier bis fünf Jahren gingen viele in den Ruhestand. Zudem sagte er:«Es gibt keinen Nachwuchs.» Notwendig sei eine spezielle Facharztausbildung für das öffentliche Gesundheitswesen. Im Moment wisse er von niemandem im Land, der Facharzt sei und eine Amtsarztposition übernehmen könne. Unter anderem spiele die Bezahlung dabei eine Rolle, die geringer ausfalle als in anderen Bereichen des Gesundheitswesens.

Zur Einordnung der Situation bei den Amtsärzten sagte Hennig: «Wir sind da nicht schlecht im Bundesvergleich.» Andernorts gebe es eben Gesundheitsämter ohne Ärzte. In Schleswig-Holstein etwa seien Stellen mit finanziellen Zulagen ausgeschrieben und könnten dennoch nicht besetzt werden.

Hennig sagte, schon jetzt könnten die Gesundheitsämter im Land nicht mehr alle Aufgaben im vollen Umfang erfüllen. Das betreffe etwa die Untersuchungen bei den Kindern. Regulär werden die Einschüler untersucht, die Schüler der dritten und der sechsten Klassen. Das sei nicht mehr zu schaffen. Die in den Behörden tätigen Mediziner seien aber die einzige Arztgruppe, die einen Überblick hätten über die Gesundheit samt Impfstatus eines kompletten Jahrgangs und dessen Entwicklung über die Jahre. Dabei gehe es auch um die gesundheitliche Prävention.

Hennig sieht eines der Hauptziele auch noch immer nicht erreicht: Die sozial Benachteiligten gesünder zu machen, die Chancengleichheit sei noch immer nicht verwirklicht.

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