Bundesaußenminister Heiko Maas hat die Ausreise Tausender DDR-Flüchtlinge aus der damaligen Tschechoslowakei in den Westen vor 30 Jahren als «europäische Sternstunde» gewürdigt. «Die Solidarität vieler Prager mit den Botschaftsflüchtlingen war ein ganz wichtiger Faktor», sagte der SPD-Politiker, der an diesem Montag anlässlich des Jahrestages nachPragreisen wird. «Das war nicht nur eine deutsch-deutsche, sondern auch eine deutsch-tschechoslowakische und europäische Sternstunde.»
Im August und September 1989 hatten Tausende DDR-Bürger auf dem Gelände der bundesdeutschen Botschaft inPragZuflucht gefunden. Am 30. September 1989 sagte der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher dort in seiner berühmten Balkonrede zu den Flüchtlingen: «Wir sind gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise...» Der Rest des Satzes ging im Jubel der Menschen unter, die auf dem Botschaftsgelände teils wochenlang ausgeharrt hatten.
Maas wird einige von ihnen bei seinem Besuch in der Botschaft treffen. «Das waren mutige Menschen. Und wir alle, die wir heute im geeinten Deutschland leben, verdanken ihnen viel», sagte er vor seiner Abreise. Der Außenminister wird bei einem Empfang auf dem Botschaftsgelände eine Rede halten. Er nutzt den Besuch inPragauch zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Tomas Petricek.
Die Ausreise der DDR-Flüchtlinge ausPragzählt zu den wichtigsten Meilensteinen auf dem Weg zum Mauerfall am 9. November 1989 und zur deutschen Einheit am 3. Oktober 1990. Zeitzeugen und Besucher hatten bereits am Samstag ein «Fest der Freiheit» auf dem Botschaftsgelände gefeiert.
Und in Halle wurde gestern in den Franckeschen Stiftungen mit einer Gedenkveranstaltung an die Genscher-Rede erinnert.
Hans-Dietrich Genscher stammte aus Halle. Er verstarb am 31. März 2016.