Schokolade

100 Prozent Kakao und trotzdem keine Schokolade

Eine Kuriosität des deutschen Lebensmittelrechts

Der Schokoladenhersteller Ritter Sport bringt eine neue Schokolade auf den Markt und darf diese in Deutschland streng genommen nicht als solche bezeichnen, da das Produkt keinen Zucker enthält.

Keine Schokolade ohne Zucker?

Was zunächst kurios klingt, hat einen lebensmittelrechtlichen Hintergrund. Laut der deutschen Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse aus dem Jahr 2003 besteht eine Schokolade nicht nur aus Zutaten wie Kakaomasse, Kakaopulver und Kakaobutter, sondern zwingend auch aus bestimmten Arten von Zucker. Doch diese Arten von Zucker fehlen im neuen Ritter-Sport-Produkt "Cacao y Nada".

Zum Süßen verwendet das Unternehmen aus Waldenbuch bei Stuttgart nach eigenen Angaben stattdessen natürlichen Kakaosaft, der auf einer Plantage in Nicaragua extra aus Kakaofrüchten gewonnen wird. Zwar ist der Saft der Kakaofrucht prinzipiell in der EU als Lebensmittel zugelassen, allerdings beinhaltet das Produkt nicht den erforderlichen Zuckergehalt, der zu einer lebensmittelrechtlichen Anerkennung als Zuckerart nötig wäre.

Gesetzliches Rezeptbuch

Die Kakaoverordnung ist eine Art gesetzliches Rezeptbuch und wer dagegen verstößt, riskiert Geldstrafen und im Extremfall gar einen behördlich verordneten Verkaufsstopp. Auf den deutschen Markt bringen will das Unternehmen sein neues Produkt nun dennoch, nur eben nicht als "Schokolade", sondern unter dem Label "Kakaofruchttafel".

Dass eine Schokolade, die zu 100 Prozent aus Kakao bestehe, ohne den Zusatz von Zucker hierzulande nicht als solche bezeichnet werden dürfe, sei "absurd", sagte Firmenchef Andreas Ronken laut Mitteilung vom Montag. "Wenn Wurst aus Erbsen sein darf, braucht Schokolade auch keinen Zucker. Aufwachen!"

Stellungnahme des Bundesministeriums

Die Kakaoverordnung begrenze die Verwendung zuckerhaltiger Zutaten nicht auf bestimmte Zuckerarten, teilte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am Montag mit. Das Ministerium könne daher nicht erkennen, dass bei der Herstellung von Schokolade nicht auch natürlicher Kakaosaft zum Süßen verwendet und das Erzeugnis unter der Bezeichnung "Schokolade" in den Verkehr gebracht werden dürfe. "Wir haben das klare Ziel, den Zuckergehalt in Fertiglebensmitteln und Erfrischungsgetränken deutlich zu reduzieren", sagte Ministerin Julia Klöckner der dpa auf Nachfrage.

Seite teilen