Berliner Mauer

Wie erlebten Stars und Promis den Mauerfall?

Wie hat Sänger Campino von den "Toten Hosen" die Nacht der Nächte erlebt? Wo war Schauspieler Heiner Lauterbach? Was dachten Hollywoodgrößen wie Denzel Washington als sie die Fernsehbilder sahen?

Hier könnt Ihr es nachlesen:

Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war am 9. November 1989 als Physikerin an der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin beschäftigt. Die legendäre Pressekonferenz von Günter Schabowski bekam sie im Fernsehen mit. Wie es dann weiterging, schilderte sie kürzlich bei einer Podiumsdiskussion in Groß-Gerau: «Dann habe ich meine Mutter angerufen. Wir hatten so einen Witz zu Hause: «Wenn die Mauer einmal nicht mehr wäre - aber keiner hat daran geglaubt, dass es so ist -, dann gehen wir zu Kempinski Austern essen.» Ich sage gleich vorweg, obwohl 25 Jahre vergangen sind: Ich war nie mit meiner Mutter bei Kempinski Austern essen. Aber ich habe gesagt: «Pass mal auf, Mutter, da passiert heute etwas.» Es war ein Donnerstag. Und ich bin immer donnerstags mit einer Freundin in die Sauna gegangen. Also bin ich in die Sauna gegangen. Als ich mit meiner Saunatasche zurückkam in die Schönhauser Allee - direkt an der Bornholmer Straße -, da sah ich, wie die Leute herunterliefen. Dann werde ich nie vergessen. Es war vielleicht halb elf, elf Uhr. Vielleicht auch ein bisschen später. Dann bin ich einfach den Leuten hinterher. Ich war alleine, aber ich bin immer hinterher. Dann sind wir auf der West-Berliner Seite - da hatte sich irgendwie eine Gruppe gebildet - einfach in irgendeine Wohnung gegangen und wollten alle telefonieren. Ich wollte meine Tante anrufen, und jeder wollte irgendwie etwas machen. Manche sind dann noch weitergezogen. Ich musste am nächsten Morgen wieder früh arbeiten gehen und war auch ein ordentlicher Mensch. Ich bin dann irgendwann um eins oder halb zwei nach Hause, nachdem ich mein erstes West-Bier getrunken hatte. Ich weiß noch, so ein Büchsenbier - das war mir sonst nicht so vertraut.»

Campino

Die Toten Hosen und ihr Frontmann Campino haben vom Fall der Mauer erst am Tag danach erfahren. «Wir haben am Abend des Mauerfalls in Paris gespielt, im Olympia, ein legendärer Laden, und haben in den Stunden nichts mitgekriegt», erinnert sich Campino. Erst morgens beim Frühstück habe die Band die Bilder im Fernsehen flimmern sehen. «Da sahen wir die Trabanten und Leute, die ungläubig guckten. In diesem Moment haben wir sofort gesagt: Wir müssen da jetzt hin. Und so war es.» Schon zwei Tage nach dem Mauerfall spielten die Toten Hosen bei einem Riesenkonzert in der Deutschlandhalle in Berlin mit. «Spannend war der Vibe in der Stadt, diese Begeisterung, diese gegenseitige Umarmung, das war das Allerallerbeste», sagt Campino. Aber schon nach ein oder zwei Wochen sei das «Genöle» der Wessis über Schlangen in Supermärkten losgegangen. «Wir haben drei, vier Tage total Euphorie gehabt, und dann fing das an, seltsam zu werden», sagte Campino. «Aber diese drei, vier Tage, das war das schönste geschichtliche Erlebnis, an dem wir dran waren.»

Wolfgang Stumph

Wolfgang Stumph hat den Mauerfall mit gemischten Gefühlen erlebt. Der Schauspieler stand am 9. November 1989 auf der Bühne der Dresdner Semperoper, wo die Generalprobe zur vorletzten «Showkolade»-Sendung im DDR-Fernsehen stattfand. Mit von der Partie: Moderator Gunther Emmerlich, Sänger Reinhard May und Jazzkomponist Günther Fischer. «Wir haben sofort mit Bier angestoßen, mit Freude und Fragezeichen in den Augen», erinnert sich der 68-Jährige an den Moment, als die Nachricht eintraf. Pläne, spontan zur Grenze zu fahren, seien jedoch verworfen worden, auch weil am nächsten Tag die Sendung aufgezeichnet werden sollte. «Berlin war zu weit und Eisenach war zu weit.» In die Freude mischte sich aber auch Unsicherheit. Das Vertrauen in die Klugheit der Entscheidungen auf beiden Seiten habe gefehlt. Stumph war 1988/1989 als Künstler schon in München und Wolfsburg gewesen. «Ich konnte hinter die Kulissen schauen und kannte den Westen daher nicht nur aus dem Katalog.» Zudem war seine gesamte Verwandtschaft im Westen. «Als Kabarettist und politisch denkender Schauspieler war ich eigentlich nicht so überrascht, was auf uns zukommt - und erst recht nicht, was wir eigentlich verlieren.»

Axel Schulz

Axel Schulz, damals schon gefeierter Boxer in der DDR, wollte am Tag des Mauerfalls seinen 21. Geburtstag feiern. Doch es kam anders: «Am 9. November '89 saß ich allein bei meinem Geburtstag auf der Couch. Also ich hab am 9. November Geburtstag, und irgendwann sind die alle abgehauen. Und da hab ich gedacht: Au, Scheiß Gastgeber! Aber da war das natürlich logisch, dass die meisten nach Berlin gefahren sind. Ich bin dann mit ein paar Leuten bei mir zu Hause gesessen und irgendwann später noch nach Berlin gefahren.»

Chris de Burgh

Der irische Schmusesänger und Deutschlandfan Chris de Burgh kann sich an den Mauerfall nicht genau erinnern - wohl aber daran, wie verändert die Menschen nach der Wende auf ihn wirkten. «Ich glaube, ich war (am 9. November) zu Hause in Irland, aber ich war kurz zuvor in der DDR gewesen. Ich bin da oft aufgetreten. Ich erinnere mich an den Geruch der Trabis.» Und er erinnere sich sehr genau daran, «dass ich empört war, was dort geschah», berichtet er.

Kurz nach dem Mauerfall sei er nach Berlin gefahren. «Und die Körpersprache der Menschen aus dem Osten war so anders. Es war wie im Film «Das Leben der Anderen»», sagt de Burgh. Vor den Wende hätten die Menschen in der DDR nervös gewirkt. «Und dann, ein Jahr später, wirkten sie viel selbstbewusster. Aber sich sein Leben lang umgesehen zu haben, wer zusah, wer mithörte, wer etwas aufschreibt - was für ein Leben. Es war der Beweis dafür, dass das DDR-Regime völlig korrupt und komplett falsch war.»

Gunther Emmerlich

Die Nachricht vom Mauerfall überraschte Sänger und Entertainer Gunther Emmerlich am 9. November 1989 in der Dresdner Semperoper. Dort probte er mit Schauspieler Wolfgang Stumph, Sänger Reinhard May und Jazzkomponist Günther Fischer die vorletzte «Showkolade»-Sendung im DDR-Fernsehen. «Es war ein Glücksmoment, wir haben gelacht und geweint», erinnert sich der 70-Jährige. Am nächsten Tag konnte die Show vor der Aufzeichnung nur technisch durchgesprochen werden - weil alle in Berlin waren, um den ersten Schritt durch die Mauer zu machen.

«Wenn ich die Bilder sehe, bin ich immer noch voller Freude, und wenn dann geweint wird, nur aus Rührung.» Natürlich seien nichts alle Blütenträume aufgegangen. «Wer das dachte, dachte von vornherein falsch», sagt Emmerlich. «Wenn ich den Übergang erleben darf von einer Diktatur zur Demokratie, bei aller Luft nach oben, die es auch in dieser Demokratie gibt, dann kann aber nur die Freude überwiegen.»

Jessica Schwarz

Jessica Schwarz war am 9. November 1989 zwölf Jahre alt und hatte Probleme mit ihrer besten Freundin. «Ich weiß, dass ich einen ganz normalen Schultag hatte und in mein Tagebuch geschrieben habe, dass ich an dem Tag unglaublich eifersüchtig auf meine beste Freundin war - weil alle Jungs sie so toll fanden», erinnert sich die Schauspielerin, die im Odenwald aufwuchs und inzwischen in die Heimat zurückgekehrt ist. Die Meldungen vom Mauerfall habe sie gemeinsam mit ihren Eltern im Fernsehen verfolgt. «Dazu habe ich abends in mein Tagebuch geschrieben, dass die Leute jetzt doch endlich tatsächlich auch in den Westen rüber dürfen und Bananen essen können.»

Anastacia

Anastacia war am Tag des Mauerfalls 21 Jahre alt, lebte in den USA, tanzte leidenschaftlich gern und war noch völlig unbekannt. Von den historischen Ereignissen im fernen Europa bekam sie überhaupt nichts mit. «Nein», sagt die US-amerikanische Soulsängerin, glücklicherweise habe sie nie erlebt, was die Menschen in Deutschland hätten erleben müssen. «Aber die Generation meiner Mutter, die spricht darüber und erinnert sich häufig, was los war und passiert ist. Ich bin so stolz, heute in einer Welt in Frieden und Freiheit zu leben, und wieviel ihr alle überwunden habt - es ist wirklich schön.» Im Jahr 2000 gelang der «kleinen Lady mit der großen Stimme» der Durchbruch, seither ist Anastacia weltweit unterwegs. Wenn sie in Berlin ist, steigt sie gern in einem Hotel am Potsdamer Platz ab. Dort, wo am 9. November 1989 die Mauer fiel.

Eva Padberg

Eva Padberg konnte zu ihrem Ärger nach dem Mauerfall am 9. November 1989 nicht sofort in den Westen fahren. «Ich war damals neun, und mein Vater war mit dem Trabi zu einer Schulung unterwegs», erinnert sich das Model, das in Rottleben in Thüringen aufwuchs. Sie sei todtraurig gewesen, weil alle ihre Schulfreundinnen in den Westen gereist seien und sie nicht. «Aber ein paar Tage später fuhren wir dann auch rüber, und ich fand es großartig. Ich habe mir sofort in einem Supermarkt mein erstes «Lustiges Taschenbuch» gekauft.»

Anja Kling

Schauspielerin Anja Kling ist mit ihrer älteren Schwester Gerit fünf Tage vor dem Mauerfall aus der DDR geflüchtet - und hat im Auffanglager im bayerischen Schwandorf von der Öffnung der Grenze erfahren. «Wir standen schon knapp 14 Stunden wegen unseres Aufnahmeverfahrens an, als plötzlich ein Raunen durch die Menge ging», berichtet die 44-Jährige. Es hieß, in Berlin werde auf der Mauer getanzt. «Wir waren in einer Art Schockstarre, konnten gar nicht sofort große Freude verspüren», erinnert sich Kling. Kein Wunder: Für die damals 19-Jährige war die Flucht ein Drama. «Ich wusste ja nicht, ob und wann ich meine Eltern wiedersehe.» Ihre Eltern konnte sie bald wieder in die Arme schließen. Dennoch blieb Kling damals noch drei Monate in Westberlin. «Weil wir Angst hatten, dass sie die Mauer wieder dicht machen.» Erst 1990 siedelte Kling wieder zu ihrer Familie in die Nähe von Potsdam über.

Denzel Washington

US-Schauspieler Denzel Washington war zwar nicht direkt zum Mauerfall in Berlin, aber ein paar Wochen später. Der Oscarpreisträger stellte bei der Berlinale 1990 seinen Film «Glory» vor. «Kurz zuvor war die Mauer gefallen und sie drückten mir einen Presslufthammer in die Hand und ich riss ein Stückchen Mauer ein», hatte er vor einiger Zeit seine damaligen Erlebnisse geschildert. Heute erzählt Washington, dass er noch immer ein Mauerstück zu Hause hat. Als er zuletzt in Berlin war, sah der 59-Jährige vom Hotelfenster aus die Schülergruppen, die heute über den einstigen Todesstreifen laufen. «Und viele Menschen fahren mit dem Fahrrad durchs Brandenburger Tor. Wenn man die jungen Leute sieht, dann fragt man sich: «Wissen die Bescheid?»» Wer heute 25 sei, habe keinerlei Erinnerung mehr an die Mauer. «Das Leben ist so schnell - mit uns oder ohne uns.»

Olivia Jones

Dragqueen Olivia Jones stand am 9. November 1989 in Berlin auf der Bühne. «Ich habe da in einem Travestie-Kabarett gearbeitet, und da war plötzlich die Mauer auf. Großes Feuerwerk - und wir sind wirklich zur Mauer hingerannt. Und das Gefühl, das da herrschte, diese Partystimmung, das kann man nicht in Worte fassen. Und deshalb bin ich ganz froh, dass ich es erlebt habe. Weil das war echt cool», erinnert sich die Travestiekünstlerin. «Es gibt nichts besseres als die Freiheit. Und die wurde an dem Tag gefeiert. Deswegen ist das ein Tag, wenn ich an den denke, kriege ich immer noch ein bisschen Gänsehaut.»

Hannes Jaenicke

Der Schauspieler Hannes Jaenicke war am 9. November 1989 beruflich in Berlin. «Ich war glücklicherweise wirklich vor Ort - für Dreharbeiten einer deutsch-amerikanischen Koproduktion. Wir mussten den Dreh abbrechen, weil die Stadt natürlich außer Rand und Band war, und haben fast eine Woche ausgesetzt, weil nichts zu machen war», berichtet Jaenicke. «Gewohnt haben wir im Kempinski am Kudamm, und schon dort war die Hölle los. Die Amis waren natürlich begeistert und haben sich gleich ein Stückchen Mauer geholt.» Auch er habe sich ein Stück abgebrochen. «Ich habe es aber verschenkt - an eine New Yorker Jüdin, deren Großvater aus Berlin kam.»

Nina Ruge

Nina Ruge hatte gerade als Nachrichtensprecherin beim «heute journal» des ZDF in Mainz angefangen, als die Mauer fiel. Genau einen Monat zuvor, am 9. Oktober 1989, hatte sie zum ersten Mal als Co-Moderatorin den Nachrichtenblock gesprochen. Die Nachricht vom Mauerfall traf sie mitten ins Herz. «Das war eine wahnsinnige emotionale Eruption, weil meine Familie aus Westberlin kommt und wir die Teilung über die vielen Jahrzehnte als den Horror schlechthin empfunden haben», erinnert sich die Moderatorin und Autorin. Sie sei damals ganz frisch beim «heute journal» gewesen. Was sie bis heute erstaunt: «Wir haben in der Nacht nicht durchgesendet.»

Volker Schlöndorf

Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff hat den Mauerfall am 9. November 1989 im Flugzeug über den Wolken zwischen New York und Boston erlebt. «Der Pilot machte eine Durchsage, und ich dachte, jetzt kommt das Übliche - minus 52 Grad Außentemperatur oder so», erinnert sich der 75-Jährige. Stattdessen habe der Pilot vom Fall der Mauer berichtet, und die Passagiere - alles Amerikaner - hätten laut applaudiert. Da habe er sich erstmal gefragt: «Wieso freuen die sich jetzt so?», so Schlöndorff, der damals in den USA arbeitete. Danach sei für ihn aber klar gewesen, dass er nach Berlin müsse. 1992 kam Schlöndorff dann tatsächlich und übernahm die Leitung der Babelsberger Filmstudios in Potsdam.

Heiner Lauterbach

Schauspieler Heiner Lauterbach lag gerade mit seiner damaligen Frau Katja Flint zu Hause im Bett, als die Mauer fiel. In ihrer Wohnung in München-Schwabing verfolgten sie die Geschehnisse am 9. November am Fernseher. «Wir waren sehr berührt, hatten Tränen in den Augen vor Freude», erinnert sich der 61-Jährige. Beruflich beschäftigt ihn das Thema bis heute. In dem ZDF-Dreiteiler «Tannbach», der Anfang 2015 ausgestrahlt wird, spielt Lauterbach einen Gutsbesitzer, der in den Westen geht, während sich seine Tochter für das Bleiben in der DDR entscheidet.

Gerist Kling

Den 9. November 1989 hat Schauspielerin Gerit Kling als Flüchtling im Auffanglager Schwandorf in der Oberpfalz erlebt. «Ich stand da mit meiner Schwester in versifften Klamotten. Es war eiskalt und auf einmal hieß es: Die Mauer ist auf und alles tanzt und jubelt», erinnert sich die Schauspielerin. Nur fünf Tage vor dem Mauerfall war die Potsdamerin zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Anja aus der DDR geflohen - in einem Trabi über die damalige Tschechoslowakei nach Westdeutschland. «Das war 'ne Aktion, Wahnsinn! Wir hatten zuvor alles stehen und liegen gelassen.» Nach dem Mauerfall wollte Kling wieder zurück in die Heimat. «Das Problem der eingeschränkten Freiheit war ja passé.» Vor dem Flug von Nürnberg nach Berlin verkaufte sie noch schnell den Trabi - für 50 D-Mark. «Dass wir auch mit dem Auto hätten zurückfahren können, war uns in der Aufregung nicht klar. Wir hatten keinen Plan und konnten die Entfernungen nicht einschätzen.»

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Brandenburger Tor
Vor dem Brandenburger Tor in Berlin sind noch die Überreste der Mauer zu erkennen
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